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Gegangen, um zu bleiben
Christine Ostler zeigt, dass man mit einer Ausbildung die Welt entdecken kann – und dabei die Heimat und mehr Verantwortung schätzen lernt.
Christine Ostler hat viel von der Welt gesehen. Kein Wunder: Als Hotelfachfrau arbeitet sie schließlich an Orten, wo andere Urlaub machen. Sie war in Berlin, Hamburg, Düsseldorf, London und Wien, bei Hyatt und 25hours Hotels: In ihrem Lebenslauf reihen sich große Städte und renommierte Hotel-Namen aneinander. Inzwischen hat sie den Metropolen der Welt den Rücken gekehrt – und ist zurück in ihrer Heimat: In Celle leitet die 30-Jährige jetzt die Rezeption und den Service des Hotels Celler Tor. Als Tochter der Inhaberin des Hauses kennt sie die 73 Zimmer und 15 Bankett- sowie Seminarräume bereits von Kindesbeinen an. „Ich habe hier schon als kleines Mädchen zusammen mit meinem Großvater zu Weihnachten Geschenke unter den Hotel-Gästen verteilt“, sagt Christine Ostler: „Es fühlt sich genau richtig an, wieder hier zu sein.“
Back to the roots
– im wahrsten Sinne des Wortes: Christine Ostler arbeitet seit zwei Jahren in ihrer Heimatstadt, zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrem Bruder. Ein Familienunternehmen, wie es klassischer kaum sein kann. Seit 2008 führen Susanne und Josef Ostler das 4-Sterne-Hotel in 19. Generation. Mit Christine Ostler und ihrem Bruder Jan-Hendrik Ostler steht jetzt schon die 20. Generation in den Startlöchern. „Meine Eltern haben nie Druck gemacht“, sagt Christine Ostler: „Ich hätte beruflich also in jede Richtung gehen können. Aber anderen Menschen eine gute Zeit im Hotel zu bereiten – das macht einfach Spaß. Deshalb fiel mir die Berufswahl leicht.“ Nach dem Abitur hat sie sich für eine Ausbildung zur Hotelfachfrau entschieden. Nicht im familieneigenen Hotel in Celle, sondern im Grand Hyatt in Berlin. „Mich hat es nach der Schule in die Ferne gezogen“, sagt Christine Ostler im Rückblick: „Ich wollte einfach mal raus und große Häuser kennenlernen.“
aufregend und anstrengend
Von der Rezeption bis zum Zimmerservice, von der Bar bis zur Küche: Als Auszubildende im Grand Hyatt Berlin war Christine Ostler überall im Einsatz. „Vor allem den Service, den Umgang mit den Gästen, mochte ich von Anfang an“, sagt Christine Ostler. „Der Beruf ist so umfassend und setzt viel Flexibilität voraus. Das liebe ich bis heute.“ In dem Fünf-Sterne-Luxushotel hat sie gelernt, wie die Arbeit hinter den Kulissen eines großen Konzerns funktioniert. „Die Ausbildung war aufregend, anstrengend und insgesamt sehr gut“, sagt Christine Ostler. Abwechslungsreich war es allein schon durch einige Ortswechsel. Als Auszubildende hat sie jeweils drei Wochen in Hyatt-Hotels in Düsseldorf und Mainz gearbeitet, um die Abläufe anderer Häuser kennenzulernen. Und damit nicht genug: Nach der Ausbildung war sie als Mitarbeiterin in Hotels in London und in Wien. Dort lernte sie die Arbeit mit vielen internationalen Kollegen kennen. Ihr Fazit: „Es war spannend. In Deutschland gibt es deutlich mehr gelerntes Personal. Unser deutsches Ausbildungssystem ist im Vergleich ein Riesenvorteil.“
erst die Ausbildung, dann das Diplom
Auf London und Wien folgte Heidelberg: Christine Ostler zog es zur Hotelfachschule. „Ich habe das Leben in den Großstädten sehr genossen“, sagt Christine Ostler: „Aber danach kam das etwas ruhigere Leben in Heidelberg mit ländlicher Umgebung gerade richtig.“ Ruhe, um anzukommen – im nächsten Abschnitt der Ausbildung. Christine Ostler bildete sich in Heidelberg weiter, zur Diplom-Hotelbetriebswirtin. Zwei Jahre widmete sie sich der Theorie ihres Berufsfeldes, vertiefte ihr Wissen vor allem rund um Controlling und Bilanzen. Nebenbei jobbte sie als Kellnerin in einem Sterne-Restaurant – und genoss das „Studentenleben de Luxe“, wie selbst sagt: „Das war sozusagen mein verspätetes Studentenleben mit allen Freiheiten, die mir ein Stipendium und ein nicht ganz so eng getakteter Arbeitsrhythmus wie in der Ausbildung ermöglicht haben.“
Nach zwei Jahren in Süddeutschland verschlug es Christine Ostler in den Norden. Mit dem Betriebswirt-Abschluss in der Tasche begann sie als Sales- und Marketing-Assistentin im Park Hyatt Hotel in Hamburg. Sie betreute das Stammgäste-Programm und Social-Media-Kanäle. Außerdem unterstützte sie bei der Betreuung sogenannter Key Accounts. Das heißt: Sie stand zum Beispiel in Kontakt mit großen Firmen, die regelmäßig Übernachtungsmöglichkeiten brauchen und buchen. Ein Jahr später wechselte Christine Ostler zur 25hours-Zentrale in Hamburg in die Reservierung. An der Stelle war sie unter anderem dafür zuständig, die Reservierungen aller zwölf Häuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu koordinieren. „Ein reiner Schreibtisch-Job.
Corona und ein Neubeginn
Mir hat auf Dauer der Kontakt zu Menschen gefehlt“, sagt Christine Ostler. Sie wollte zurück in den Service. Die Corona-Pandemie begann. Ein schlechter Zeitpunkt für einen Neubeginn, könnte man meinen. Doch der Zufall spielte ihr in die Karten: Eine Stelle im Hotel ihrer Eltern wurde frei. So kam das eine zum anderen. Seitdem leitet Christine Ostler die Rezeption und die operativen Geschäfte des Hotels Celler Tor – und hat schon viel erreicht: „Seitdem ich im Betrieb bin, haben wir unser komplettes Hotelbetriebssystem umgestellt und sind an der Rezeption so gut wie papierlos.“ Sie ist angekommen in dem Familienbetrieb, in dem für sie alles begann. „Viele der Mitarbeiter kenne ich schon seit Jahren“, sagt Christine Ostler. „Inzwischen trage ich mehr Verantwortung als früher. Aber ich verstehe mich immer noch als eine von vielen. Wenn es Arbeit gibt, helfe ich genauso mit wie jede andere.“ Im Hotel packt Christine Ostler trotzdem unabhängig von ihrer Position mit an, wenn es schnell ein Bett zu beziehen gilt oder Unterstützung bei einem Lunch-Buffet gefragt ist.
zu viert an der Spitze
Susanne und Josef Ostler stehen in der ersten Reihe der Hotel-Führung. Christine Ostler und ihr Bruder Jan-Hendrik Ostler komplettieren das Vierer-Gespann an der Spitze des Hauses. „Viele Entscheidungen treffen wir zusammen“, sagt Christine Ostler: „Wir ergänzen uns gut. So kann das gern noch lang bleiben.“ Kein Zweifel an der Ortswahl – und an der Branche. „Ich fühle mich hier sehr wohl. Die Arbeitszeiten in der Branche empfinde ich als Vorteil. Ich freue mich, dass ich Termine anders legen kann als andere und zum Beispiel auch mal montags frei habe“, sagt Christine Ostler und fügt lächelnd hinzu: „Und bei Feiern, die wir für Gäste ausrichten, feiern wir einfach ein bisschen mit.“ So oder so steht für sie fest: „Ich liebe meinen Job.“
Juli 2022,
Grit Preibisch, IHK Lüneburg-Wolfsburg